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Das Stadtarchiv bittet um Mithilfe: „Alte Schätzchen“ bitte nicht vorschnell entsorgen

Wie eine Sterbelade, eine Kaiserfahne, eine Sauerkrautbüchse und „die lustigen Kameraden von Stube 8“ im Archiv landeten.

Michael Regenbrecht und seine Mitarbeiterin Sandra Wilting haben etliche neue Schätzchen fürs Archiv bekommen.

Stadtarchivar Michael Regenbrecht ist sich ganz sicher: „Auf Meerbuschs Dachböden, in Kellern und Garagen lagern noch viele Schätze, die es zu heben gilt.“ An Geld, Gold oder Schmuck denkt der Historiker in Diensten der Stadt dabei freilich nicht. Vielmehr geht es um Dinge, die Menschen bei Haushaltsauflösungen, Entrümpelungen oder schlicht beim Aufräumen immer wieder in die Hände fallen: alte Fotos, Gemälde mit Heimatmotiven, Fahnen, Briefe, Ausweise, Zeugnisse, Orden, Urkunden – die Vielfalt der Dinge, die verstorbene Angehörige hinterlassen, scheint grenzenlos. „Leider landen immer noch zu viele solcher Kleinodien im Müllcontainer –  sei es aus Unwissen, aus Gleichgültigkeit, Platzmangel oder Zeitdruck“, bedauert Regenbrecht. Es gebe aber auch Menschen, die sich aus emotionalen Gründen nicht von Erinnerungsstücken gleich welcher Art trennen können oder wollen. „Hier bieten wir an, Dokumente oder Fotos fürs Stadtarchiv zu reproduzieren oder einzuscannen. Dann verbleiben die Gegenstände in Händen der Angehörigen, ihr historischer Wert bleibt der Allgemeinheit sicher erhalten.“

Die jungen Soldaten aus Osterath, 1898 stationiert im Lothringischen Metz, sind offenbar bester Laune.
Die alte Osterather Sterbelade, in der ab 1822 Geld für Beerdigungen m Dorf gesammelt wurde, ist eine absolute Rarität.
Die rostige Blechdose erzählt von der Geschichte der Osterather Sauerkrautfabrik Dickmann.
Auch in Osterath wurde am Geburtstag des Monarchen die Kaiserfahne gehisst.

Gängigste Lösung aber sei der klassische Depositalvertrag. Dabei werden heimatgeschichtlich aussagekräftige Utensilien dem Archiv zur Sortierung, Einordnung und fachgerechten Aufbewahrung überlassen, vertraglich wird dazu geregelt, wer die Deposita einsehen oder in irgendeiner Form nutzen darf. Die Familie oder der Verein, der das Material zur Verfügung stellt, bleibt Eigentümer und kann jederzeit darüber verfügen. Auf diesem Wege zogen unter anderen gerade die Nachlässe der Büdericher Künstlerin Editha Hackspiel, des ehemaligen Buch- und Kunstkabinetts Konrad Mönter oder der Bürgerinitiative gegen den Stromkonverter ins Stadtarchiv ein. Auch Schriftgut des Bildhauers Will Brüll fand Platz.

Etliche Raritäten haben die Angehörigen der Osterather Familie Schündelen und ein weiterer Osterather, der namentlich nicht genannt werden möchte, Michael Regenbrecht und seiner Mitarbeiterin Sandra Wilting zu treuen Händen überlassen. Ein Highlight: Eine sogenannte Sterbelade, in der eine Osterather Nachbarschaft ab dem Jahr 1822 fein säuberlich Leichentücher und Geld für dörfliche Beerdigungen aufbewahrte. Ebenfalls eindrucksvoll: eine völlig unversehrte Kaiserfahne mit böse dreinblickendem Reichsadler, die auch in Osterath zum Geburtstag Wilhelms von Preußen gehisst wurde. Alte, auf einem Dachboden entdeckte Fotos erzählen Osterather Industriegeschichte: „An die ehemalige Weberei Stein, die ehemalige Gerberei an der Kaarster Straße oder an die Sauerkrautfabrik Dickmann, die ab 1905 an der Willicher Straße Kohl verarbeitete, werden sich heute – wenn überhaupt – nur noch die Älteren erinnern“, so Regenbrecht. Im Stadtarchiv sind nun Bilder und Baupläne der Fabriken erhalten.

Interessant sind die offenbar von einem Militärfotografen geschossenen Bilder von Osterather Soldaten des Infanterie Regiments 98 in Metz. Elsass-Lothringen und damit auch Metz gehörten nach dem Krieg Frankreichs gegen den Norddeutschen Bund von 1870/71 bis 1914 zum von Preußen geführten deutschen Reich. Die jungen Männer – offenbar abgebildet bei einer inszenierten „Putz- und Flickstunde“ – führten seinerzeit offenbar ein eher unbekümmertes Dasein in der Kaserne. Eine Texttafel am Bild dokumentiert das: „So leben die lustigen Kameraden auf Stube acht!“ Als „Dauerjob“ verstand die muntere Runde ihren Dienst fürs Vaterland freilich nicht. Auf einem Holzbrettchen an der Stubenwand ist die Frist bis zum Tag der Entlassung mit Kreide notiert: „Noch 139 Tage“. 

Michael Regenbrecht hofft, dass sich viele weitere Meerbuscher entschließen, ähnliche Raritäten oder Dokumente wie diese nicht achtlos zu entsorgen, sondern stattdessen dem Stadtarchiv überlassen. Potential dafür besteht offenbar reichlich. Die „Schätze aus Dachböden, Kellern und Garagen“ wollen nur gehoben und gerettet werden.

Kontakt zum Stadtarchiv, am Neusser Feldweg 4 in Osterath-Bovert

Michael Regenbrecht:

Telefon 02159 / 916-358, E-Mail michael.regenbrecht@meerbusch.de

Sandra Wilting

Telefon 02159 / 916-359, E-Mail sandra.wilting@meerbusch.de